Dienstag, 21. Februar 2012

[Rezension] Carmen Posadas "Bei Einladung Mord"

[Bücher]






Bild: Zeilenreich


Carmen Posadas
Bei Einladung Mord





Aus dem Spanischen von Ariane Böckler
Premiere
Edition Zeilenreich
Erscheinungstermin: 1. Februar 2012 | 16,95 €
Gebunden mit Schutzumschlag











Wie organisiert man seine eigene Ermordung?



Carmen Posadas Roman erinnert an Agatha Christie´s Klassiker der Kriminalromane.
Feingezeichnete Figuren, die sehr lebendig beschrieben sind und damit dem Leser direkt vor den Augen stehen. Unsympathische Charaktere, die im Laufe der Handlung doch anders erscheinen als sie zuerst wirken. Ein erzählerischer Handlungsverlauf, der gewunden bis in tiefste Abgründe verzweigt und dabei Eindrücke verschafft, die uns helfen die Vergangenheit zu verstehen und mögliche Motive nachzuvollziehen.

Unzählige Anspielungen auf bekannte Klassiker der Kriminalliteratur lassen versteckt schmunzeln und sind für den weiteren Handlungsverlauf fast schon unerlässlich.


Der versteckte feine Humor, der nicht mit Brachialgewalt über den Leser hereinstürmt, sondern sanft fließend mittendrin immer wieder ein leises Glucksen hören läßt, hat mich besonders überzeugt. Das ganze Buch ist ein Augenzwinkern, eine Hommage quasi an die alten Krimiklassiker.





Die Handlung:

Olivia Uriarte, erste Protagonistin des Romans, läd einige ihrer engsten Freunde ein, offiziell ihre letzte Scheidung zu feiern. Inoffiziell plant sie sie ihre eigene Ermordung. 
Wie geschickt sie den Schauplatz und die Statisten dazu auswählt, welche Motive sie zu diesem Schritt treiben, das alles wird uns beim Lesen nach und nach erst bekannt gegeben und baut damit die Spannung eigentliche Spannung des Buches auf. 


Der homosexuelle Schauspieler, dessen Geheimnisse die Protagonistin in einem seiner dunklen Momente erfuhr.
Die unscheinbare Schwester, der sie vorgezogen wurde.
Der Doktor, in dessen krimineller Vergangenheit sie mehr verstrickt ist als man glauben sollte.
Die in ihrem Geist giftgetränkte Mutter einer Modelltochter, deren fast-Ehemann Olivia in letzter Minute vor dem Traualtar weg geheiratet hat.

Die grausam geschilderte Szene der sogenannten "Adoption" eines Kindes, schonungslos anprangernd und doch sachlich in realen Bildern dargeboten.


All jene, die ein Motiv haben, werde eingeladen, den letzten Akt ihres Lebens mitzufeiern, den eigenen Tod.



  Zitat: "Vermutlich wird es niemanden überraschen, wenn ihr jetzt erfahrt, dass dieses Treffen einen ganz anderen Zweck verfolgt als den, der auf der Einladung genannt war, die ich euch mit der Post geschickt habe. Ich habe euch nicht eingeladen, um meine Scheidung zu feiern, sondern um euch aufzufordern, einen Mord zu begehen."


In ihre diversen Ehen, Scheidungen, Ängste und Geheimnisse wird der Leser erst nach und nach eingeweiht. Erfährt stückweise ein weiteres Detail akribischer Puzzlearbeit zu einem Leben, das zwar im Rampenlicht der Öffentlichkeit gelebt wurde und doch so viele verborgene Geheimnisse aufweist.

Olivia geht zeitlebens mit Menschen um wie mit Spielzeugen. Sie gibt ihren Launen nach, sie zu liebkosen oder zu verbannen, gleich einem kleinen Mädchen das noch nicht gelernt hat mit Gefühlsregungen umzugehen.

Ein jeder der Eingeladenen hatte seinen guten Grund, Olivia den Tod zu wünschen. Jeder könnte es gewesen sein. Doch wer war es wirklich?


  Zitat: "Kann es sein, dass ein Mordopfer die Hand seines Mörders führt, damit dieser eine Tat verübt, die es ersehnt, und die es aus welchen Gründen auch immer selbst nicht umzusetzen vermag oder wagt?"



Im weiteren Verlauf spürt Ágata Uriarte, die sich ungeliebt gefühlte Schwester der Ermordeten, die Spuren auf, die zur Entdeckung des Mörders und zum Motiv führen.


  Zitat: "Rückblickend begreift man mit Leichtigkeit, dass sie alles minutiös eingefädelt hatte, um bei diesem seltsamen Spiel noch vom Grab aus Regie zu führen. Welche anderen Spuren hast du gelegt, damit ich weitermachen kann, Oli?"


Die Spannung bleibt bis zum Schluß, auch nach Entlarvung des Täters bestehen, bis zur abschließenden Frage: Wird die Tat gesühnt oder bleibt sie verborgen? 


  Zitat: "Olivia, immer Olivia. Warum hast du mich alles herausfinden lassen, Oli? Ich habe den schrecklichen Verdacht, du hast dir in Wirklichkeit genau das gewünscht, was ich vor ein paar Minuten getan habe. Deine Geschichte aufzuschreiben, damit alle sehen, wie schlau du bist, wie gut die Puzzleteilchen passen, die du ausgetüftelt hast. Ja, ich glaube, jetzt habe ich es endlich verstanden. Du warst schon immer eine entsetzliche Exhibitionistin. Daher wolltest du auch, dass ich, deine kleine Schwester, die Naive, die Leseratte, die Literaturlehrerin, deine Geschichte aufschreibe und sie veröffentliche. Du wusstest, dass ich es tun würde, du kennst mich gut, du warst dir so sicher... ...Du bist bis zum Schluss das geblieben, Oli, was du seit jeher warst, nämlich eine absolute Egoistin, Schwesterlein."





Die Autorin:

Carmen Posadas, 1953 in Montevideo geboren, aufgewachsen in London, Buenos Aires und Moskau, lebt seit 1965 Jahren in Madrid. Sie hat mehr als 15 Kinderbücher, außerdem Geschichten und Essays, veröffentlicht. Ihren ersten Roman hat sie 1996 geschrieben, mittlerweile wurde ihr Werk in mehr als 21 Sprachen übersetzt.




Mein Fazit:

Der Roman überzeugt durch eine bildgewaltige Sprache, die brilliant umgesetzt wurde und dabei doch wunderbar leicht fließend ist.
Keine schwere Kost, die uns Anstrengungen abverlangt, sondern filigrane Maßarbeit bis ins Detail. Er erheitert, läßt den Kopf schütteln oder macht uns leicht schaudernd angesichts der Leichtigkeit, mit der ein Tod geplant wird.








Vielen Dank an Zeilenreich, die mir den Roman kosten- und bedingungslos vor Erscheinung zur Verfügung gestellt haben.






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